Umfangreiche Feldbefreiungen, auch im gut bewachten Herz der  deutschen Gentechnik- Seilschaften, fortwährend schlechte Umfragewerte  und immer neue Enthüllungen von Betrügereien über Fälschungen und  Schlampereien bis zu Verstößen gegen Sicherheitsauflagen machen der  Gentechniklobby offenbar schwer zu schaffen. Laut denken immer mehr  Firmen und ProtagonistInnen über den Umzug in gentechnikfreundlichere  Staaten (so jedenfalls die Hoffnung) nach – in ständigem Wechsel mit  Durchhalteparolen aller Art.
AgrogentechnikerInnen stehen mit dem Rücken an der Wand – argumentativ und real!
Wie tief die Verunsicherung in der nach Profiten gierenden Branche  ist, zeigt der aktuelle Rückgriff in triefenden Fundamentalismus: Das,  was GentechnikbefürworterInnen ihren GegnerInnen immer vorwerfen, ist  bei Lobbyverbänden, Firmen und fördermittelabhängigen ForscherInnen  inzwischen selbst zum Alltag geworden. Offenbar fehlen Argumente – und  nun kommt auch noch eine Bedrängnis der eigenen Existenz hinzu, denn  angesichts ausbleibender Erfolge, ständiger Fehlversuche und den  öffentlichen Vorwürfen über Betrug, Fälschungen und Verstößen gegen  Auflagen steht das Aus einer Technologie vor der Tür. Die Betroffenen  reagieren, wie es einst die Atomlobby tat. Die damaligen  Horrorgeschichten von ausgehenden Lichtern sind durch verhungernde  Massen ausgetauscht, doch das Prinzip frei erfundener Angstmacherei  bleibt gleich. Gleiches gilt für die Diffamierung des Gegners: Diese  seien unsachlich, emotional und ideologisch. Doch wer genau hinschaut,  erkennt hinter der Fassade dieser Angriffe den eigenen Fundamentalismus  der GentechnikbefürworterInnen.
Nun, mit dem Rücken an der Wand, legen sie noch eine Schippe drauf –  und bestiegen entschlossen den Höhepunkt rhetorischer Entgleisungen: Die  Vergleiche mit dem Nationalssozialismus und die Phrasenmaschine des  Terrorismus. Den Anfang machte der Schweizer Professor Klaus Ammann. Er  ist keineswegs der unabhängige “Ökologieprofessor”, als der er von den  GentechniklobbyistInnen oft beschrieben und, z.B. beim Thesenanschlag  vor der Greenpeacezentrale in Hamburg oder als scheinbar neutraler  Referent bei einer Gentechnik-Werbeveranstaltung der  Friedrich-Ebert-Stiftung, vorgeschickt wird.
Vielmehr arbeitete er im Dienst von Monsanto, ist zentrale Figur in  mehreren internationalen Lobbyverbänden wie der European Federation of  Biotechnology (EFB) und der Public Research & Regulation Initiative  (PRRI), und gründete mit anderen Lobbyisten zusammen den deutschen  Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik (WGG). Ammann war der erste, der  die Kritik an der Gentechnik mit Hetze und Vernichtung der Juden im  Dritten Reich verglich.
Auf einem Pressegespräch “Nutzung der Grünen Gentechnik ist ethisch  geboten!“ des Forums Grüne Vernunft behauptete Ammann, mit  GentechnikkritikerInnen wäre Reden nicht möglich. Er könne das nur eine  „ökofaschistische Grundhaltung“ nennen und fühle sich wegen der  ständigen Kritik als „Genjude” – welch ein absurder Vergleich angesichts  dessen, dass Ammann & Co. ihre bei der Bevölkerung überwiegend  unerwünschte Arbeit in gut ausgestatteten, staatlichen Universitäten,  mit (oft ergaunerten) Fördermillionen aus Steuergeldern und von  staatlichen Ordnungstruppen und Gerichten verteidigt durchführen können.  Trotzdem verbindet Ammann seine eigene ideologische Hetze noch mit dem  Vorwurf, seiner KritikerInnen hätten “generell kein Fachwissen” und  verträten nur “ideologische Positionen” (Quelle: Gen-ethischer  Informationsdienst Juni 2011, S. 40f.).
Wenige Tage nach Ammann folgte Andreas Sentker. Er ist Ressortleiter  Wissen bei der ZEIT. Viele seiner Texte strotzten bereits früher vor  Ideologie, mitunter konnten ihm kapitale Fehler nachgewiesen werden.  Nach den Feldbefreiungen des Juli 2011 servierte er seinen LeserInnen  eine eigene Art von Fundamentalismus: Feldbefreiung sei Terror! Die  Belohnung für diese Art von “Sachlichkeit” kam prompt: Sentker erhält  den diesjährigen Journalismuspreis der Lobbyorganisation “InnoPlanta” –  laut Ausschreibung für besonder objektiven Journalismus.
Schließlich schlug der Medizinwissenschaftler Reinhard Szibor von der  Uni Magdeburg in die gleiche Kerbe und verband die wirren Vergleiche  mit dem Nationalsozialismus mit vermeintlich brutaler Gewalt und  ebenfalls den Phrasen von Terrorismus. Bei den Feldbefreiungen hätte  mittels “massiver Gewalt gegen Personen” (obwohl nirgends von  irgendwelchen Auseinandersetzungen oder Verletzungen berichtet wurde)  der “Ökoterrorismus … eine neue Dimension angenommen”, schrieb Szibor in  einem Leserbrief, der in der stets der Agrogentechnik wohlgesonnenen  Tageszeitung “Volksstimme” einen guten Platz erhielt. Szibor witterte  den “Rechtsstaat in Gefahr” – meinte damit aber nicht die Betrügereien  und Fälschungen bei Genehmigungen und Förderanträgen für  Genversuchsfelder, auch nicht die ständigen Abweichungen von  Sicherheitsauflagen, sondern den Protest. Wer das Ende von Genfeldern  fordere, handele im Sinne von “Terroristen”.
Dann hagelt es die üblichen NS-Vergleiche. Ob es “dann auch gut ins  Bild passen würde, die einschlägigen wissenschaftlichen Bücher zu  verbrennen”, zitiert Szibor den sich als “Genjude” verfolgt sehenden  Ammann. Was er dabei vergaß: Es waren die Gentechnik-LobbyistInnen von  InnoPlanta & Co., die die kritische Veröffentlichung “Organisierte  Unverantwortlichkeit” verbieten wollten! Die MacherInnen der jetzt  zerstörten Felder untersagten kritische Veranstaltungen an ihren  Universitäten. Szibor packte noch einen Nazi-Vergleich obendrauf und  verwies auf die Nobelpreisträgerin Nüsslein-Volkhard, die auch seit  Jahren – obwohl ebenfalls nicht vom Fach – mit  fundamentalistisch-ideologischen Beiträgen für die Agrogentechnik  streitet. Sie beklagte, “dass aus Deutschland schon wieder  Wissenschaftler in die USA emigrieren, weil hier die Forschungsfreiheit  eingeschränkt wird”. Offenbar wollen sich die tatsächlich eher nach  neuen Geldquellen jagenden WissenschaftlerInnen gerne in der Tradition  von Einstein oder Oppenheimer suhlen und phantasieren “politische  Überregulierungen und die terrorismusfördernden Hasskampagnen in unserem  Lande” herbei. Terrorismusfördernde Hasskampagnen – auch das gefiel dem  Lobbyverband InnoPlanta sofort. Auch Szibor und Nüsslein-Volhard  erhalten je einen InnoPlanta-Preis im Jahr 2011 – das Triumvirat von  Hetze und Fundamentalismus ist komplett!
InnoPlanta-Forum 2011: Seilschaften und Hetze? Am 5. und 6. September  werden die benannten drei InnoPlanta-Preise vergeben für die Hetze über  Terror und Vergleiche mit dem Nationalsozialismus. Drumherum findet ein  Tagungsprogramm im wichtigsten Zentrum der Agrogentechnik in  Deutschland statt, dem ursprünglich als UN-Nachhaltigkeitsprojekt  sanierten, aber dann von den Gentechnik-Seilschaften übernommenen Hofgut  von Üplingen. Direkt benachbart liegt der Schaugarten Üplingen, wo für  gentechnisch veränderte Pflanzen geworden wird. Die Hälfte aller 2011  angemeldeten Felder waren hier geplant. Sie dienen allein der Propaganda  – inmitten der sensiblen Börde, oft auch als Wiege der Saatzucht  bezeichnet.
GentechnikkritikerInnen haben Protest angekündigt – und so werden die  beiden Tage im beginnenden Herbst zum direkten Aufeinandertreffen der  beiden Seiten. Mit neuerlicher Hetze gegen die Protestierenden ist zu  rechnen.
Quelle: ngo-online
 
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