Dienstag, 5. Juli 2011

Neuentsehung von Waldmooren

05.07.2011. Die Mitarbeiter des Forstamtes Harsefeld wünschen Wildwuchs in deutschen Wäldern. Unter anderem Waldmoore sollen neu entstehen. Viele Jahrzehnte haben die Menschen die Bedeutung sogenannter Moorschlatts für die Ökologie unterschätzt. Gräben entwässerten nasse Forstzonen; jeder Quadratmeter sollte nutzbar werden. Jetzt können Waldmoore neue Energie tanken. Im Landkreis Osterholz sind erste Erfolge sichtbar.
Mit bedachten Schritten geht es am Ufer entlang. Revierförster Bernd Wiedenroth und Waldökologe Heiko Ehing tasten sich mit den Füßen an den Rand des Waldmoores. Wenige Stiefellängen weiter bedeckt bereits eine Lage Torfmoos das Wasser. Da, wo Wollgras sprießt und Moosbeeren reifen, recken dunkle Stämme ihre kahlen Äste in die Lichtung. Zahlreiche Libellen imponieren den Gästen mit Flugkünsten.
Die Mitarbeiter der Niedersächsischen Landesforsten sind zufrieden. Nach Monaten mit ungewöhnlich wenig Niederschlag steht in diesem Teil des Heilshorner Waldgebiets "Langes Holz" das Wasser in der weiten Senke. "Die Fläche wird sich in den kommenden Jahren ganz hervorragend entwickeln", wagen die Spezialisten eine Prognose. Zahlreiche weitere Pflanzen- und Tierarten würden sich ansiedeln. Die Vorarbeiten hätten sich gelohnt.
Unter anderem wurden Entwässerungsgräben zugeschüttet. Zusätzlich grenzt ein Erdwall das neue Sumpfgebiet vom neu angelegten Waldacker ab. "So können keine Samen von der freien Fläche mit dem Wind ins Nassgebiet wehen", erklärt Heiko Ehing von der Funktionsstelle Waldökologie und Waldnaturschutz in Harsefeld. Die Natur habe sich das Waldstück zurückerobert - der Mensch half mit.
In einem zweiten Waldgebiet sehen die Experten geringe Fortschritte. Auf der gehölzfreien Lichtung ist der Wasserspiegel stark gesunken. Junge Birken haben das offene Gelände besiedelt. Sie entziehen dem Moorboden weitere Nässe, wissen die Experten. Wollgras und Moosbeere zeigen auch hier den fruchtbaren und dünnen Untergrund an. Kreuzottern, Ringelnattern und Blindschleichen wurden gesichtet. Zur Verbesserung des Wasserhaushaltes soll die Fläche ein weiteres Mal entkusselt werden, schlagen die Osterholzer Forstexperten vor.
Für Wiedenroth und Ehing haben kleine Sonderbiotope wie Moorschlatts eine herausragende Bedeutung für den Wald und seine Bewohner. "Manche dieser Moorschlatts sind bis zu 25 Meter tief", erklärt Ehing. Sie seien einst natürlich durch eiszeitliche Einschlüsse entstanden. Ihr Erhalt trage zum Schutz der Artenvielfalt bei. "Es gibt unter anderem 40 verschiedene Libellenarten, die an das PH-niedrige Wasser gewöhnt sind." Vielen Menschen sei der Umfang der Artenvielfalt nicht bewusst.
So gibt es unter anderem 111 Ameisenarten. Große Tiere des Waldes würden von den Waldmooren ebenfalls profitieren. Wildschweine suhlen sich im Schlamm am Rand der Moorschlatts, hat Wiedenroth beobachtet.
Die ökologische Funktion der Biotope sei bedeutend, sagen die Experten. Moorboden speichere unter anderem Wasser und Kohlendioxid. So könne ein Kubikmeter Torf etwa 800 Liter Wasser aufnehmen. Moorflächen hätten außerdem eine Pufferfunktion. Große Niederschlagsmengen würden im Boden gebunden und nach und nach freigegeben. Um eine Tonne Kohlendioxid im Jahr zu binden, reichten etwa vier Kubikmeter Torf.
Durch die bisherigen Maßnahmen wurde der Grundstein für eine weitere natürliche Entwicklung gelegt, erklären Wiedenroth und Ehing. "Die Vernetzung der einzelnen Öko-Teile bringt dem Wald die Stabilität", erläutert Revierförster Wiedenroth.
Viele Tierarten, die vom Menschen und durch die Bewirtschaftung des Nutzwaldes verschwunden sind, könnten mit derartigen Projekten zurückkehren, hofft Reiner Baumgart, regionaler Pressesprecher Niedersachsen-Ost. Im deutschen Wald hätten sich in den vergangenen Jahren vielerorts seltene Tiere wie Adler, Wolf, Luchs, Wildkatze und Schwarzstorch neu angesiedelt. "Es geht darum, sensibel mit der Fläche umzugehen", sagt er.
Baumgart begleitet die Osterholzer Forstbeamten bei ihre Bestandsaufnahme in Heilshorn. Der Pressesprecher der Landesforsten setzt auf die Erfahrung und die gute Augen seiner Kollegen. Nur damit könnten Sonderbiotope, die in den vergangenen Jahrzehnten verloren gingen, entdeckt und im Interesse von Mensch und Natur zurückgewonnen werden.

Quelle: WESER KURIER

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